Die Geschichte der Weisweiler Kirche

Die erste Nachricht über kirchliches Leben in Weisweil, genauer über einen Geistlichen, stammt aus dem Jahr 1242: dominus Hugo vicarius de Wizwilr.  Es gab also schon eine Kirche am Ort. Diese gehörte zum Dekanat oder, wie man früher sagte, Landkapitel Endingen und lag im Bistum Konstanz.

Im Besitz des Patronatsrecht der Weisweiler Kirche waren die Bischöfe von Straßburg, 1336 gaben sie dieses als Lehen an die Üsenberger. Nach dem Tod des letzten Üsenbergers im Jahr 1352, wechselte mehrmals der Besitz des Patronatsrecht. Seit 1436 sind die Markgrafen von Baden im Besitz. Auf dieses Patronatsverhältnis weisen auch die Schlusssteine im Chorgewölbe der Weisweiler Kirche hin, die die Wappen von Markgraf Karl I. und seiner Frau Katharina von Österreich zeigen.

Mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 in dem die neue Lehre gemäß dem Augsburger Bekenntnis von 1530 reichsrechtlich anerkannt und den weltlichen Reichsständen die Einführung in ihrem Territorium ermöglicht worden war, wurde die Reformation eingeführt. Am 1. Juni 1556 wurde die nach württembergischem Vorbild erstellte Kirchenordnung verkündet.

Die ersten Nachrichten über das evangelische Weisweil sind in einem Visitationsprotokoll aus dem Jahr 1558 überliefert. Der erste lutherische Pfarrer von Weisweil hieß damals Gallus Krügler und stammte aus Württemberg.

Während des Dreißigjährigen Krieg musste der Pfarrer von Weisweil, Friedrich Bürklin, die halbe Diözese betreuen und die Menschen waren ständig auf der Flucht, so daß an eine Seelsorge, die diesen Namen verdiente, nicht zu denken war. Zwischen dem 30. Mai 1630 und dem 4. November 1644 fehlen im Weisweiler Trauregister die Eintragungen. Die Kirche war beschädigt und ausgeplündert: Kaiserliche Soldaten hatten die Uhr, eine Glocke und alle Fenster mitgenommen; das Pfarrhaus war zerstört. Außerdem hatte sich eine andere Kriegspartei der zweiten Glocke bemächtigt.

Die folgenden Kriege Ludwigs XIV. hatten auch Auswirkungen auf Weisweil; immer wieder wurde auch die Kirche in Mitleidenschaft gezogen. Und war es einmal nicht der Krieg, dann setzten ihr die Naturgewalten zu. Im Sommer des Jahres 1715 schlug der Blitz ein und richtete einigen Schaden an. Dennoch ging es im 18. Jahrhundert allmählich aufwärts. Die Gemeinde wuchs, der Platz in der Kirche wurde knapp. Die  Geistliche Verwaltung beantragte deshalb in Karlsruhe die Erlaubnis für eine Erweiterung des Langhauses (1743), die aber zunächst wegen der mißlichen Zeiten (österreichischer Erbfolgekrieg) verweigert wurde. 1747 war es endlich soweit: Die Vergrößerung der Kirche konnte begonnen werden.

Das Langhaus wurde nach Norden erweitert und innen an der Nord und Westseite eine neue Empore eingezogen. Nun hatte die Gemeinde wieder genügend Platz. Dann kümmerte man sich um die Ausstattung des Gotteshauses. 1755 wurde eine Orgel gekauft. Weil die („politische“) Gemeinde in gutem Zustand war, durften mit markgräflicher Erlaubnis aus dem“ Commun aerario“ (= Gemeindekasse ) 250 Gulden beigesteuert werden. Aus dem selben Grund konnte 1777 auf Kosten der Gemeindekasse eine dritte Glocke angeschafft werden. Ein Jahr später hätte man gern eine neue Turmuhr mit Viertelschlag eingebaut, weil nun die nötige dritte Glocke vorhanden war. Das war den Behörden in Karlsruhe aber des Guten zuviel. Der Hofrat gestattete nur eine Renovierung der alten Uhr.

Etwa zur selben Zeit müssen auch die 23 Gemälde mit Szenen aus dem Leben Jesu angeschafft worden sein, die an der Emporenbrüstung hängen. Leider ist zu dieser, für eine evangelische Kirche außergewöhnlichen, Ausstattung nichts überliefert. Die Bilder werden Simon Göser (1735-1816) oder zumindest seiner Umgebung zugeschrieben.

Als 1806 die rechts rheinische Kurpfalz an Baden fiel, bekam der Markgraf auch reformierte Untertanen. Seither arbeitete er auf eine Union beider Kirchen hin. 1821 unter Großherzog Ludwig wurde die Union der Kirchen vollzogen.

Die Union bedingte auch Verfassungsänderungen der Kirche. Die evangelische Landeskirche war jetzt einer speziellen Abteilung des Innenministeriums unterstellt. Auf der Ebene der Pfarrei wurden Kirchengemeinderäte gebildet, in denen die Kirchenältesten aufgingen, die seit 1798 mit dem Pfarrer die Kirchenzensur besorgten. Seinem Ursprung entsprechend, verhandelte das Gremium immer wieder Disziplinarsachen. Ein Großteil der Arbeit entfiel aber auf die Verteilung des Almosens, aus dem die Armen im Dorf unterstützt wurden. Später traten Fragen der Verwaltung des Kirchenguts und der Seelsorge hinzu.

Ende des 19. Jahrhunderts leitete ein Mann die Kirchengemeinde, der über die Grenzen seiner Pfarrei hinaus bekannt wurde: Richard Wimmer.

Er bekam im Dezember 1880 eine feste Pfarrstelle in Weisweil. Dort blieb er, bis er 1903 in den Ruhestand trat. Er starb am 31. August 1905 in Freiburg. Als Verfasser religiöser Schriften wurde er weit über die Grenzen seiner Pfarrei hinaus bekannt. In seinen Werken versuchte er, Wissenschaft und Frömmigkeit gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Er suchte für das Christentum eine Form, die es neben der Wissenschaft und den Naturgesetzen bestehen ließ.

In Weisweil war Wimmer als Seelsorger sehr beliebt. Er suchte den Kontakt zu seiner Gemeinde, indem er die einzelnen Familien möglichst einmal im Jahr besuchte. Um dem Lesebedürfnis der Weisweiler nachzukommen, stiftete er 50 Bücher als Grundstock einer Bibliothek. In seiner Amtszeit wurde auch das heutige Pfarrhaus errichtet. Außerdem veranlaßte er die Anschaffung einer neuen Orgel, dafür mußte allerdings der Mauritius-Altar verkauft werden. Besondere Verdienste erwarb er sich, als er aus eigenen Mitteln eine Kinderschule erbauen ließ. Die Gemeinde war ihrem langjährigen Seelsorger so tief verbunden, daß sie, als sein Grab auf dem Freiburger Friedhof aufgehoben wurde, seinen Grabstein erwarb und ihn mit einer Widmung in die Kirchhofmauer einsetzen ließ.

Das bedeutendste Stück, das die Kirche in Weisweil beherbergt hatte, steht heute im BadischenLandesmuseum in Karlsruhe: der Mauritius-Altar. Er wurde im Jahr 1883 verkauft, um vom Erlöseine neue Kirchenorgel anzuschaffen.

Der Altar entstand wahrscheinlich im Breisgau um 1515-1525. Die Gemälde auf den Außenseiten der Flügel stehen stilistisch den Werken von Hans Baldung Grien nahe, der 1512-1517 in Freiburg wirkte. Der Altar zählt zu den wenigen am Oberrhein noch erhaltenen Beispielen des aufwendigen spätgotischen Schreintypus mit beweglichen Flügeln.

Wie der Altar nach Weisweil kam, ist nicht bekannt. Einer mündlichen Überlieferung zufolge stand er in der St. Gertrudis-Kirche zu Wöllingen, einem abgegangenen Dorf zwischen Weisweil und Wyhl. Er soll in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bei einem starken Hochwasser aus der Kirche geschwemmt, von Weisweiler Fischern geborgen und von der dortigen Gemeinde in Obhut genommen worden sein.

Der 1. Weltkrieg ging an Weisweil nicht ohne Auswirkungen (Stündler) vorbei. Viele Söhne und Väter kamen von den Schlachtfeldern nicht mehr zurück in die Heimat. Auch die Kirchenglocken wurden für den Krieg beschlagnahmt. Erst im Jahre 1921 konnten Neue Glocken angeschafft und mit der Glockenweihe fanden sie wieder ihren ursprünglichen Platz im Glockenturm.

Nach Endes des 1. Weltkrieges und der Abdankung des Großherzogs gab sich die badische Landeskirche 1919 eine neue Kirchenverfassung, die nach staatlichem Vorbild demokratisch-parlamentarische Elemente aufwies. An die Stelle des Landesherrn trat eine neunköpfige Kirchenregierung. Deren Vorsitzender, der Kirchenpräsident, war zugleich Vorsitzender des Oberkirchenrats. Frauen hatten das aktive und passive Wahlrecht. Die Landessynode galt jetzt als „kirchliche Volksvertretung“ und als „Inhaberin der der Landeskirche innewohnenden Vollgewalt“ . Dieser Zustand war nicht von langer Dauer, denn der Übergang zur nationalsozialistischen Herrschaft führte zu erneuten Veränderungen. Im Jahr 1934 führte die Kirche das Amt eines Landesbischofs ein. Er hatte das Recht, Pfarrer und Dekane zu ernennen.

1934 kam auch die völlige Trennung von staatlicher und kirchlicher Vermögensverwaltung. Die finanzielle Lage der Kirche wurde immer schwieriger. Diese Maßnahmen hinterließen im Protokollbuch des Kirchengemeinderats von Weisweil ihre Spuren. Die 1934 verfügte Trennung der Vermögensverwaltung zeigte prompt Wirkung: Die politische Gemeinde strich ihren Beitrag für den Mesnerdienst in Höhe von 178 RM. Die immer knapper werdenden Finanzen veranlaßten den Kirchengemeinderat schließlich, am 1. Oktober 1934 eine Ortskirchensteuer einzuführen.

Am 6. November 1939 beschäftigte sich der Kirchengemeinderat mit dem Luftschutz der Kirchgänger, mit dem Ergebnis, daß hinreichende Maßnahmen nicht getroffen werden könnten. Es war die letzte Sitzung für eineinhalb Jahre. Zwischen 1. Januar 1941 und 2. Januar 1942 fanden wieder Sitzungen statt, in denen man sich besonders um die Jugend Sorgen machte, die durch regelmäßige Sonntagsdienste beim Jungvolk vom Gottesdienst abgehalten wurde.

Im Jahr 1942 wurden die Glocken konfisziert. Dann mußte die Gemeinde auf ihren Pfarrer verzichten.

Pfarrer Störzinger, der schon zuvor immer wieder zu Wehrübungen eingezogen worden war, war bis 31. Oktober 1941 unabkömmlich gestellt. Ein Antrag des Oberkirchenrats, die Befreiung auf unbefristete Zeit auszudehnen, blieb ohne Erfolg, und der Pfarrer mußte in den Krieg. Er fiel im Frühsommer 1944.

Als der Krieg endlich vorbei war, machte man sich an die Bestandsaufnahme: Die Kirche hatte durch den Beschuß großen Schaden erlitten, fast alle Fenster waren zerstört und das Dach beschädigt. Gottesdienst konnte nur bei warmem Wetter gehalten werden. Auch die Orgel hatte schwere Schäden davongetragen und war nur noch auf einigen Registern spielbar. Am Pfarrhaus waren an den Fenstern und am Dach Schäden durch Granatsplitter zu verzeichnen.

Inzwischen war das ganze Pfarrhaus außer dem Amtszimmer durch wohnungslose Weisweiler Familien belegt. Die Schule und die Kinderschule waren geschlossen, weil dort ebenfalls obdachlose Familien lebten. Immerhin konnte die Krankenpflegestation wieder eröffnet werden. Das kirchliche Leben und der Gottesdienstbesuch kamen allmählich in Schwung, Religions- und Konfirmandenunterricht fanden aber noch nicht statt. Die Konfirmation vor Ostern 1945 war wegen der Evakuierung ausgefallen.

Obwohl der Wiederaufbau begonnen hatte, blieb der Wohnraum knapp. Noch Ende 1949 ging es im Pfarrhaus sehr beengt zu. Von seinem Amtsantritt im Sommer 1945 bis Weihnachten 1945 wohnte Pfarrer Grötzinger mit sieben, seit Weihnachten mit fünf Familien unter einem Dach.

Außerdem hatte der Pfarrer Schwierigkeiten mit der Emmendinger Außenstelle des Bezirksbauamts Freiburg. Weil sie keine Rechtsverpflichtung sah, weigerte sie sich, einen Teil der Instandsetzungskosten der Kirche zu übernehmen. Schließlich siegte die Beharrlichkeit des Pfarrers. Das Bauamt übernahm die Kosten für das Dach und die Fenster, weil das Dorf wegen der großen Kriegsschäden die Mittel aus eigener Kraft nicht hätte aufbringen können. 1951 hatte sich die Pfarrgemeinde so weit erholt, daß sie für den Ersatz der im Krieg beschlagnahmten Glocken sorgen konnte. Am 3. Februar 1952 war Glockenweihe. 1960 wurde die Kirche schließlich einer gründlichen Innenrenovierung unterzogen. Die Bilder an der Emporenbrüstung wurden restauriert, die Orgel generalüberholt. Bei der Einweihung am 14. August erstrahlte die Kirche in neuem Glanz. Im Jahr 1972 erhielt sie mit den neuen Chorfenstern, die Angela v. Hofer aus Freiburg gestaltet hat, im Inneren ihr jetziges Aussehen. Auf Initiative von Pfarrer Menzemer entstand 1965 das Gemeindehaus. Mit diesem Gebäude, das am ersten Advent 1965 (28. November) eingeweiht wurde, verfügte die Gemeinde endlich über die ersehnten Räume für Versammlungen, Feste und Jugendarbeit. In den 70er Jahren fanden im neuen Evangelischen Gemeindehaus viele Veranstaltungen und Gespräche im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen das geplante Atomkraftwerk Wyhl statt. Walter Moosmann hat dies treffend besungen:

…In Weisweil im Gemeindehaus,

da fing der Kampf mal an,

da wird nicht nur gebetet,

da wird auch was getan.

Nach rund 40 Jahren Nutzung waren erhebliche Renovierungsarbeiten im Evangelischen Gemeindehaus erforderlich, die auch einen evtl. Neubau sinnvoll erscheinen ließ. Mit dem Kauf des ehemaligen Gasthauses „Zur Kanone“ direkt neben der Kirche durch die Gemeinde Weisweil eröffnete sich die einmalige Chance, eine Neues Gemeindehaus neben der Kirche zu realisieren. Dieses Projekt befindet sich nun gemeinsam mit der Politischen Gemeinde in der Planungsphase.

Quellen: „Weisweil, ein Dorf am Rhein“, Aufzeichnungen von Pfarrer Böckh